(Hauslehrer und Erzieher von Auguste Victoria (11.tes - 14.tes Lebensjahr) der letzten deutschen Kaiserin, Pastor in Schönkirchen von 1877 bis 1918)
Aktuelle Stele am Grabstein
Quelle:
Hartwig Friedrich Wiese, Wiesechronik, Seite 253, 254
In der Zeit seiner Anstellung als Hauslehrer (1869 bis 1873) beim Herzog Friedrich von Schleswig-Holstein auf Schloss Primkenau (Niederschlesien), erzog er auch Auguste-Victoria, die spätere, letzte deutsche Kaiserin. Sie war in dem Alter von 11-14 Jahren und baute eine enge Verbunden-heit zu Pastor Mühlenhardt auf. Ebenso ist er der Kaiserin stets verbunden geblieben und von Ihr des Öfteren eingeladen worden.
Ein Urenkel von Pastor Mühlenhardt, Heinrich Schuur, hat den Nachlass von Pastor Mühlenhardt gesichtet und im April 2021 drei Schriftstücke der Kaiserin an Pastor Mühlenhardt als Faksimile dem Förderverein überlassen. Der gesamte Schriftverkehr wurde dem "Geheimen Staatsarchiv, Preußischer Kulturbesitz" übergeben.
Transkription
Telegraphie des deutschen Reichs aus Berlin Schloss, 1908 den 5-ten 3 um 11 Uhr 50 min
Ihre Majestät die Kaiserin bitten Euer Hochwürden am Sonntag 8.März 9¼ vorm. im Prinzenhause Plön Andacht mit Austeilung des heiligen Abendmahls an Ihre Majestät und Prinzen Söhnen zu halten. Geräthe werden von hier mitgebracht. Bitte Ihrer Majestät unmittelbar hierher zu antworten.
Oberst von Contard
Auf der Rückseite die Antwort von Pastor Mühlenhardt:
Werde auf sei. Majestät Wunsch herzlich gern Sonntag nach Plön zu Andacht u. Abendmahlsfeier kommen.
Mühlenhardt
Primkenau d. 9ten Juni 1875
Lieber Herr Mühlenhardt!
So vielen, vielen Dank für Ihren lieben Brief, mit den freundlichen Gratulationen zu unserer Konfirmation. Der 22te Mai war ein herrlich, ernster Tag für Calma u. mich. Gott gebe, daß wir das Gelübde, welches wir an dem Tage ablegten, bis an unser Ende bewahren.— Um 1 Uhr war die Feier. Calma u. ich fürchteten uns sehr vor dem Examen, daß in Gegenwart der ganzen Gemeinde gehalten wurde. Wir kamen jedoch, mit Ausnahme einiger kleinen Verwechselungen, glücklich
durch. Sie werden wohl, lieber Herr Mühlenhardt, ger-ne die Beschreibung der ganzen Feier wissen wollen, daher will ich auch von Anfang an erzählen. Nachdem alle Freunde, die Papa zu diesem tage eingeladen hatte, in der Kirche angelangt waren, kamen Papa u. Mama, Calma u. mich abzugeben. Wir traten ein in die, von Papa, Mama, Tante Mario u. Herr Magnussen [?]
herrlich geschmückte Kirche, während die Orgel spiel-te. Dann wurde das Lied gesungen „Herr Jesu Christ dich zu uns wend.“ Hierauf standen Calma u. ich auf und es erfolgte die Prüfung. Der arme Ernst Günther, der hinter uns saß hatte solche Angst, daß wir in unse-rem Examen nicht bestehen würden, daß er über u. über zitterte. Nach der Prüfung wurde von der gan-zen Gemeinde: Vor dir, Todesüberwinder gesungen. Hierauf trat der Pastor wieder an den Altar u. hielt
eine schöne Anrede. Als diese vorbei war, stimmte der Sängerchor: „Stärk uns Mittler dein sind wir“, an. Dieser Gesang war wirklich herrlich u. machte einen erhebenden Eindruck auf alle Anwesenden, & als die letzten Töne verklungen waren, standen Calma u. ich wieder auf u. es erfolgte das Bekenntniß, das Gelübde u. die Einsegnung. Einen so feierlichen u. erhebenden
Eindruck machte es auf uns, als die Glocken anfingen zu läuten während wir eingesegnet wurden. Nach der Einsegnung wurde noch: „Ach bleib’ mit deiner Gnade“ gesungen. Unter Glockengeläut u. Orgelspiel verließen wir die Kirche. Die ganze Feier war wirklich herrlich gewesen u. Gott gebe, daß der Eindruck den ich an dem Tage empfing, für mein ganzes leben meinem Herzen eingeprägt bleibe.— Papa u. Mama hatten die Sprüche ausgesucht, die wir bei der Einsegnung, vom Pastor erhielten. Meiner steht Offb. Joh. 2, 10: sei ge-treu bis in den Tod so will ich dir die Krone des [ewi-gen] Lebens geben.— Wie sehr hätte es uns gefreut, wenn Sie, lieber Herr Mühlenhardt, hätten hier sein u. uns examinieren können.— Doch nun Adieu, mein Brief ist ziemlich lang geworden, u. ich muß wohl jetzt auf-hören. Wir sind alle wohl, Ernst Günther scheint sehr vergnügt in Dresden, nur klagte er in seinem letzten Brief, daß, obgleich es 24° Hitze im Schatten gewesen wären, sie doch hätten in die Schule gehen müßen. Mama u. Tante Malio laßen Sie herzlichst grüßen, u. indem ich Ihnen nochmals herzlichst danke für Ihren freundlichen Brief,
bleibe ich stets
Ihre
Victoria
Bei dieser nun sehr ausgeschrieben Handschrift ist die Transkription noch nicht sehr vollendet
Lieber Herr Pastor
Muhlenhard
Danke Ihnen innigst für Ihre nachträglichen Wünsche zur Hochzeit meiner Kleinen.
Ich kann mir gut denken wie Sie Sich selber vorstellen konnten in Erinnerung an meine Hochzeit 1881
Auch jetzt verlief alles wunderschön
u unser Kind
sah sehr niedlich aus
machte alles mit großer Würde.
Es war eine große Anstrengung. .
Obgleich ich glücklich bin über die Wahl
meiner Tochter,
sie selbst ist G(ott)L(Lob) strahlend glücklich ,
aber für uns Eltern ist es sehr schwer!
das letzte Kind hergeben, eine Tochter
die ich stets um mich hatte
das ist ????? schwer!
Das Haus ist ganz still geworden!
Dem Kaiser gab unseren
Gefühlen den rechten Ausdruck.
Heute früh war ???
,große Paraden
ich mich aber soll, habe ich das
nicht mitgemacht,
bin anstatt deßen hier im/am Garten!
Es ist sehr schwül!
Mit nochmaligen herzl. Danke stets
Ihre
herzl. ergebene
A.Viktoria
Quelle:
Heinrich Schuur, Nachlass Pastor Mühlenhardt, April 2021